GANTRISCH

«Mein Vater, über 700 Mal war er wohl in seinem Leben auf dem Gantrisch. Der Gantrisch war «sein» Berg. Ende 70 hat er gesagt: «Jetzt war ich wohl das letzte Mal dort oben.» Mit 82 hat er es noch einmal geschafft. Schon in jüngeren Jahren wünschte er sich, dass seine Asche einmal am Gantrisch verstreut wird.
Ihm diesen Wunsch zu erfüllen, da half mir Sabina Fischer. Im Gegensatz zu meinem Vater bin ich kein Berggänger, da habe ich wenig Erfahrung. Sabina Fischer machte den Zeitplan und holte mich in Bern am Bahnhof ab. Wir fuhren zum Bestatter und holten die Urne mit den sterblichen Überreste meines Vaters ab. Dann fuhren wir gemeinsam zum Gantrisch und sie führte mich zum Gantrischseelein am Fuss vom Gantrisch. Sabina bot mir dort den Rahmen, damit ich eine passende Stelle finden konnte, um in einer stillen Bergbestattung die Asche meines Vaters in einer Waldlichtung verstreuen zu können.

10 Monate später starb meine Mutter und im Sommer darauf bestattete ich meine Mutter an gleicher Stelle. Beide sind jetzt vereint: Vater hat Aussicht auf «seinen» Gantrisch und Mutter, die gerne am Wasser war, hat Blick auf das Seelein.»

REISE ZU DEN AHN*INNEN

«Von Zeit zu Zeit treffe ich mich mit meiner Nichte und Freundin zu Wanderausflügen in die Natur. Wir beide lieben es, auf unseren Spaziergängen über Gedanken zu philosophieren, die uns beschäftigen. Ein oft besprochenes Thema ist die Beziehung zu unseren Eltern/Grosseltern, die leider vor Jahren verstorben sind. Trotzdem sind sie in unseren Gedanken präsent, und wir fühlen uns ihnen in der Natur besonders nahe. So kam die Idee auf, den lieben Verstorbenen ein Erinnerungsritual zu widmen.

Oberhalb meines Heimatdorfes liegt ein gestuftes Alpgelände, welches ich mit den Eltern zusammen seit meiner Kindheit immer wieder erwandert habe. Es ist der «Hausberg» unserer Familie, ist doch die Liebe dafür über Generationen weitergegeben worden. Es war naheliegend, dass wir das Erinnerungsritual am Hausberg gestalten wollten.

Mit Sack und Pack für eine Übernachtung unter freiem Himmel beladen wanderten wir zu einem Waldrand, von wo wir eine herrliche, weite Aussicht in die Bergwelt geniessen durften. Am Lagerfeuer erinnerten wir uns an Erlebnisse, die wir mit unsern Eltern/Grosseltern geteilt haben. Vieles wurde klar und verständlich. Es war eine gemeinsame stimmungsvolle Reise in die Vergangenheit zu unseren Ahn*innen. In der Ruhe der Bergwelt waren wir mit ihnen im Einklang mit der Natur, dem klaren Sternenhimmel, dem Sonnenaufgang am nächsten Morgen.

Es war ein unvergessliches Erlebnis für uns, das wir für unsere Ahn*innen im Innern behalten werden.»